Die eigene Marke – eine Reise zu mir selbst
Auch mir ist es anfangs nicht leicht gefallen, meinen Brand-Charakter zu finden – geschweige denn, ihn zu zeigen. Ich mag es lieber ruhig. Im Mittelpunkt zu stehen, fühlt sich für mich ungewohnt an. Mein Wunsch war: gute Arbeit machen, ehrliches Design schaffen, Kunden glücklich machen – und davon gut leben können. Mein Motto: „ehrlich, fair, verlässlich“.
Doch da war ich plötzlich selbständig (wie das Leben oft spielt). Verantwortlich für alles – auch für die Außendarstellung meiner neuen Firma.
Allein der Gedanke, laut auszusprechen, dass ich eine Werbeagentur habe, hat sich anfangs komisch angefühlt. Lange Zeit hatte ich das Gefühl, sie sei noch gar kein Teil von mir. Als wäre ich bloß Angestellte in meinem eigenen Projekt.
Doch als Selbständige kommt man irgendwann an den Punkt, an dem man sichtbar werden muss – sonst bleibt man unsichtbar. Und das funktioniert nicht lange. Aber ich wollte und will unbedingt selbständig bleiben – also rein ins kalte Wasser.
Und obwohl ich beruflich ständig Designs und Konzepte für andere Businesses entwickle, fiel es mir doch unheimlich schwer, mein eigenes Branding zu gestalten. Warum bloß?
Wie soll mein Design aussehen? Welche Farben passen zu mir? Welcher Look ist wirklich meiner?
Ich sage meinen Kund*innen immer wieder: Marken dürfen sich verändern.
Angebote entwickeln sich weiter, manchmal ändert sich der Fokus – und plötzlich passt die alte Schrift nicht mehr, eine andere Farbe fühlt sich stimmiger an. Und das ist völlig okay.
Ich selbst bin durch drei Jahre intensiver Brandentwicklung gegangen.
Rückblickend denke ich: Vielleicht hätte ich mir früher Unterstützung holen sollen.
Aber ich bin jemand, der ungern Hilfe annimmt.
Und es ging ja nicht nur um Farbe, Stil oder Logo.
Es ging letztendlich um etwas viel Grundsätzlicheres, aber das musste ich erst erkennen.
Was ist eigentlich mein Alleinstellungsmerkmal?
Was macht mich einzigartig?
Statt mich mit diesen Fragen zu beschäftigen, versenkte ich mich zuerst in Typografie, Farbwahl und Logodesign – als wären sie das Wichtigste. Aber das war nur die Hülle.
Wie möchte ich meine Werbeagentur gestalten?
Wie sollen andere mich wahrnehmen?
Gerade in meiner Branche ist der Wettbewerb enorm: Hochglanz-Agenturen, Freelancer*innen, KI-Tools, Baukastensysteme, der Nachbar von nebenan. Und ich mittendrin – mit der großen Frage:
Möchte ich eine „klassische“ Werbeagentur sein? Wie hebe ich mich ab? Möchte ich mich abheben?
Meine Werbeagentur lief von Anfang an gut, aber irgendetwas stimmte nicht. Es fühlte sich nicht wie ich an.
Heute – drei Jahre später – weiß ich, woran es lag: Ich hatte mir nicht erlaubt, wirklich ich zu sein.
Ich bin leidenschaftliche Kunstmalerin und Zeichnerin – doch dieser Teil von mir kam beim Webseiten-Gestalten und Programmieren in den letzten Jahren viel zu kurz.
Jetzt aber traue ich mich, genau dieses Talent in meine Agentur zu integrieren. Ich gestalte Designs nicht nur digital, sondern auch ganz bewusst von Hand – mit Pinsel, Stift oder auf Leinwand. Und das fühlt sich endlich richtig an.
Jetzt gehe ich meinen eigenen Weg. Ohne Druck von außen. Ohne Vergleiche.
(Konstruktive Kritik ist natürlich willkommen – das heißt aber nicht, dass ich alles davon auch umsetze 😉.)
Ihr seht also: Für andere ein stimmiges Design zu gestalten, fällt mir leicht.
Aber meinen eigenen Kern zu finden – den wahren Charakter meiner Marke – das hat Monate gedauert.
Vielleicht wäre ich schneller ans Ziel gekommen, wenn ich mir früher Unterstützung geholt hätte. Mein Mann ist großartig – aber manchmal braucht es eine unvoreingenommene Perspektive. Jemand, der ehrlich Feedback gibt.
Denn so gut man sich selbst kennt – andere sehen oft Dinge, die man selbst übersieht.
Eine kleine Geschichte über Selbst- und Fremdwahrnehmung
Ich erinnere mich an ein Seminar, das viele Jahre zurückliegt – ein Kurs zur Selbsterfahrung. Damals fühlte ich mich oft unsicher, fehl am Platz unter Menschen. Eine graue Maus, dachte ich. Leise, unauffällig, bloß nicht auffallen.Im Rahmen des Seminars wurden uns Partner*innen zugelost – wir sollten aufschreiben, welchen Eindruck die andere Person auf uns machte. Mir gegenüber saß eine Frau, die mich aufmerksam musterte und schließlich sagte, ich wirke stark. Selbstbewusst. Zielgerichtet. Und sie ordnete mir die Farbe Rot zu.Rot! Ich war irritiert. Rot war für mich damals laut, auffällig, mutig. Eigenschaften, die ich selbst bei mir nicht sehen konnte. Dass ich schüchtern sei, bestätigte mir übrigens niemand in dieser Runde.Diese Erfahrung hat sich tief eingeprägt. Weil sie mir gezeigt hat, wie unterschiedlich Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung sein können – und wie sehr wir uns oft selbst unterschätzen.